Die letzten Tage hatten wir in unserem kleinen Strandbungalow noch einmal so richtig abgespannt. Da das Wetter sehr wechselhaft war und teilweise Wasserfall gleicher Regen vom Himmel fiel, nutzten wir zwei Tage, um im Bett zu liegen, Chips zu schnorpseln und Serie zu schauen. Ein Vergnügen, dem wir sehr sehr lange nicht mehr nachgekommen sind.
„Es ist doch echter Luxus, einmal um die halbe Welt zu fliegen, um dort, an so einem exotischen Ort, genau das zu tun, was man auch daheim machen könnte“, meinte Tani den Mund voller Chips.
Sarah schaute auf, von der billig Limo zu den heruntergesetzten Crackern und dann weiter zu Tani, der in seinen Schlabber-Buxen neben ihr lag.
„Japp, echter Luxus“, gab Sarah sarkastisch zurück.
Am letzten Tag unseres Inselaufenthaltes hatten wir aber Glück. Das Wetter war gut, weswegen wir uns noch einmal einen Roller mieteten, um etwas von der Insel zu sehen.
Erster Halt war am Tempel Wat Kunaram, wo ein Mumifizierter Mönch seit 40 Jahren hinter einer Glasvitrine sitzt.
Dieser Mönch hat zu Lebzeiten nicht nur seinen genauen Todestag vorausgesagt, sondern auch, dass sein Körper niemals verwesen wird. Nachdem er dann beim Meditieren im Alter von 79 Jahren verstorben ist, konnte nicht einmal die tropische Hitze von Thailand seinem Körper etwas anhaben. Bis heute sitzt er da und sieht aus, als würde er einfach nur meditieren.
„Und was lernen wir daraus?“ fragte Tani.
„Was meinst du?“ wollte Sarah wissen.
„Na ja wenn man so lange in der Sonne sitzt, ohne sich einzucremen, bekommt man schlechte Haut“, lachte Tani.
Unser knatterndes Gefährt brachte uns zum nächsten Ziel, welches uns mehrfach empfohlen wurde, der Na Mueng Waterfall. Wir rollten auf den Parkplatz, der schon vermuten ließ, wie viele Touristen hier unterwegs waren. Und tatsächlich, der Wasserfall wurde förmlich belagert. Gute Fotos zu schießen war durch die vielen Menschen schwierig. Als Tani endlich einen guten Platz erhascht hatte, stellte sich eine Girlie-Gruppe direkt vor unsere Linse, um im Duckface-Modus sehr „natürlich“ wirkende Selfies zu schießen. Tani rief laut „Ruft den Jäger, ein Schwarm wilder Instagram-Enten!“ und zeigte auf die erschrocken blickenden Teenagerinnen.
Generell nahmen die Menschen hier wenig Rücksicht aufeinander, jedem war nur das eigene Fotomotiv wichtig. Für uns Grund genug, um schnell wieder zu flüchten. Auf einem Schild entdeckten wir, dass es etwas entfernt noch einen weiteren Wasserfall geben sollte. Wir fuhren zu dem ausgeschriebenen Ort, parkten unseren Roller und marschierten los. Nachdem wir etwa 30 Minuten durch den Dschungel gepirscht waren, gelangten wir zum besagten Wasserfall. Einmal mehr bemerkten wir, wenn der Weg etwas anstrengender und unkomfortabler ist, haben die meisten Touristen keine Lust, zumindest scheint es so.
Nur wenig andere Wanderer kamen uns entgegen und dann tauchte er vor uns auf. Der Hin Lat Wasserfall, er teilt sich in mehrere herabfallende Wassersäulen. Wir waren ganz alleine in diesem tollen Ambiente und hatten nicht nur Zeit dieses wunderschöne Naturspektakel auf uns wirken zu lassen, sondern auch schöne Fotos von uns und der Umgebung zu schießen.
Unterhalb des Wasserfalls befindet sich ein kleiner natürlich geschaffener Pool. Es war ein unfassbar schöner Moment der Ruhe und der Nähe zur Natur. Dieser Ort war so magisch, wie wir es kaum beschreiben können. Das Bergwasser war erfrischend kühl und definitiv eine notwendige Maßnahme, nach der anstrengenden und schweißtreibenden Kletterei im Dschungel.
Glücklich von dem tollen Erlebnis rollten wir noch einmal in den Norden der Insel, zu einem Baumhaus Café. Der Weg war zwar durch sehr steile Straßen mit engen Kurven und tiefen Schlaglöchern ziemlich abenteuerlich, doch Tani hatte mittlerweile genügend Erfahrung, um uns sicher ans Ziel zu bringen.
Über mehrere kleine Hängebrücken erreichte man den Tresen des Cafés, an dem wir uns mit Kaffee versorgen konnten. Dann mussten wir noch über eine etwas längere und vor allem viel höhere Brücke, um die Plattform, hoch oben im Dach des Dschungels zu erreichen. Tani hatte mal wieder mit seiner Höhenangst zu tun. So war es nicht ganz leicht, die kleine Tasse sicher balancierend, das Ende der etwa 50 Meter hohen, wackelnd und schwingenden Hängebrücke zu erreichen.
„Tani, wenn du weiter so mit deiner Hand zitterst, verschüttest du noch den ganzen Kaffee“, meinte Sarah neckend.
„Das ist auch keine Zirkusnummer, hier geht es Bear Grylls- mäßig, ums nackte Überleben, da ist die B- Note egal“, gab er verbissen zurück.
Sicher (aber nass geschwitzt) angekommen, setzten wir uns an einen kleinen Tisch und genossen die wahnsinnige Aussicht, die sich uns hier bot. Wir saßen hoch über dem Blätterdach des darunter liegenden Dschungels und blickten über das Land, bis hin zum angrenzenden Meer. Es war atemberaubend.
„Wie die Leute wohl darauf gekommen sind hier, so völlig abgelegen, ein Café in einem Baum zu bauen. Sind die mit einer Machete bewaffnet durch den Dschungel gestiefelt, haben einen hohen Baum entdeckt und sich gedacht:
Hey hier wäre ein super Ort für ein Café?“ wollte Tani wissen.
„Ich denke eher, die haben sich gedacht:
Hey hier wäre ein super Ort, um Höhenangsthasen so richtig das Schlottern zu lehren.“
Wir tranken unseren Kaffee aus, fuhren zurück zu unserem kleinen Bungalow und verabschiedeten uns bei einem guten Abendessen von der Insel.
Zwei Wochen waren wir auf Koh Samui und haben sehr viel erlebt, gesehen und gelernt. Es war eine schöne Zeit und wir sind uns sicher, dass wir eines Tages zurückkommen werden, um das Paradies erneut genießen zu können.
Doch vorerst wollten wir weiterreisen. Da uns nur noch zwei Wochen in Thailand blieben, buchten wir eine Fähre und fuhren weiter nach Koh Tao. Diese nahe liegende Insel ist viel kleiner als Koh Samui und als wir den Pier erreichten und auf unser Navi schauten, bemerkten wir, dass unsere Unterkunft, die sich auf der anderen Seite der Insel befindet, „nur“ 5 Kilometer entfernt lag.
Der Umwelt und dem Geldbeutel zu Liebe, verzichteten wir auf ein Taxi und marschierten mit unseren Backpacks und Tagesrucksäcken bewaffnet los. Die vielen verwirrten Blicke der Einheimischen, die sahen wie schwer bepackt wir auf den Berg zu liefen, hätten vielleicht eine Warnung sein können, denn leider hatten wir die Strecke etwas unterschätzt.
Tippelschritt um Tippelschritt quälten wir uns die sehr steil aufsteigende Straße empor und kamen völlig nass geschwitzt an der höchsten Spitze an.
Bis wir unser Hotel erreichten, mussten wir noch einen genauso steilen Abstieg hinab, um dann noch einmal rauf und runter zu marschieren. Belohnt wurden wir mit sehr hohen Treppenstufen bis zu unserem Zimmer, doch dort erwartete uns eine Überraschung. Der Raum war zwar sehr einfach eingerichtet, doch neben einer kleinen Küche und einem Kühlschrank hatten wir einen Balkon mit einer unglaublichen Aussicht.
Der schönste Blick, den wir von einem unserer vielen bisherigen Zimmer hatten. Wir schauten direkt in die kleine, von Felsen umsäumte, Hin Wong Bucht. Nur wenige Treppenstufen trennten uns von einem Zugang zum Meer, von dem aus wir jederzeit Schnorcheln gehen konnten. Als Erstes machten wir uns einen Kaffee, setzten uns auf die kleine Terrasse und genossen den herrlichen Blick, nachdem wir endlich wieder zu Atem gekommen waren.
Es gab leider keine Einkaufsmöglichkeiten auf dieser Seite der Insel und so liefen wir noch einmal die ganze Strecke zurück, die wir hergekommen waren, gingen einkaufen und marschierten anschließend wieder zum Hotel.
Nachts bemerkten wir einen weiteren Nachteil der Unterkunft. Der Raum heizte sich tagsüber extrem auf und das dicke Gemäuer um uns herum, strahlte die ganze Nacht eine derartige Wärme ab, dass der kleine Lüfter und der Ventilator, den wir benutzen konnten, kaum etwas bewirkten.
„Ich verstehe das nicht“, maulte Tani, als er sich eine dreiviertel Stunde von einer auf die andere Seite gewälzt hatte, ohne einschlafen zu können. „Du bist heiß und ich bin cool, müsste es zwischen uns nicht gewittern? Dann könnten wir uns abkühlen.“
„Ich weiß ganz ehrlich nicht, ob ich mich jetzt für das Kompliment bedanken soll oder mir wegen dieser idiotischen Theorie an die Stirn klatschen soll“, gab Sarah nach einem kurzen Moment zurück.
Pause.
KLATSCH.
Bei den Temperaturen war es aber tatsächlich eher schwierig gut schlafen zu können und so wachten wir beide halb sieben am nächsten Morgen auf, pünktlich zum Sonnenaufgang. Wir bewaffneten uns mit unserer Kamera, setzten uns auf den Balkon und warteten auf die warmen Sonnenstrahlen, die langsam über die rauen Felsen der Bucht krochen.
„Ich würde unseren Zustand der Insomnie mit einem pasteurisiertem Mittel zur Stimulation kognitiver Fähigkeiten therapieren!“ gähnte Tani in Sarah´s Richtung.
„Was willst du?“ war die knappe Antwort.
„Ich mach Kaffee.“
Dank der kleinen Küche brieten wir uns dazu ein leckeres Rührei und genossen ein super Frühstück, bevor wir uns in unsere Badeklammoten warfen.
Die Hin Wong bucht ist ein bekannter Schnorchelspot der Insel und am Nachmittag sollen viele Touristenboote anrauschen. Wir wollten noch vor dem Eintreffen der Speedboote die Bucht für uns alleine genießen. Also zogen wir unsere Masken auf, starteten unsere GoPro und tauchten ab in eine andere Welt.
Schnorcheln ist für uns jedes Mal ein ganz besonderes Erlebnis.
Die tiefe Stille, das glasklare Wasser und die gewaltige Farbenpracht der Tierwelt, die die Korallenriffe bevölkern. Es ist eine schöne, geheimnisvolle Welt. Während wir gemeinsam an der Küste entlang schwammen, war jeder mit den Gedanken bei sich.
Wir hatten die Zeit, in uns selbst zu hören, während wir den vielen verschiedenen Fischen bei ihrem wilden Treiben zusahen.
Es ist jedes Mal auf's Neue sehr erschreckend, die abgestorbenen Korallen der Küsten zu sehen. Durch die vielen Boote, die Tag täglich in die kleine Bucht fahren, durch Erderwärmung, Müll und einige andere Ursachen, sterben die bunten Lebensräume so vieler Tiere immer mehr ab. Zurück bleiben braune und graue tote Felslandschaften. Das macht uns wirklich traurig zu sehen und bestärkt uns jedoch immer wieder, immer weiter an unseren Prinzipien und unserem „Fußabdruck“ zu arbeiten. Dazu mehr, in einem anderen Blogpost.
Den ganzen Tag nutzten wir, um die Bucht unter der Wassergrenze zu erkunden und konnten Dank unserer kleinen GoPro herrliche Erinnerungsfotos schießen. Die Fische, wahrscheinlich durch die vielen Touren an den Menschen gewöhnt, umkreisten uns neugierig und kamen so dicht heran, dass man nach ihnen hätte greifen können. Die kleinen schwimmenden Freunde, die uns begegneten strahlten in den verschiedensten Farben und Formen.
Wir sahen blaue, rote, grüne, gelbe und regenbogenfarbene. Beobachteten große, kleine, dicke, schlanke und erblickten gestreifte, gepunktete und gefleckte Fische. Auch nach vielen Stunden hatten wir uns nicht satt gesehen.
„Für den Menschen gut, doch für den Fisch sehr schlecht, bestes Beispiel Head&Shoulders, weißt du warum?“ fragte Tani.
„Na ja vielleicht wegen den vielen Mikroplaste-Teilchen und Schadstoffen, die im Meer landen?“
„Das auch, aber ich meinte eher was anderes... Für menschliches Haar ein super Pflegemittel, doch wenn Fische ein Anti-Schuppen-Shampoo nehmen würden, sehe das doch eher blöd aus.“
Pause.
KLATSCH.
Am Ende des Tages merkten wir nicht nur unsere Beine von dem heftigen Marsch am Vortag, sondern auch den gesamten Rest unserer Körper, durch das stundenlange Plantschen im Wasser.
Am nächsten Tag mieteten wir uns wieder einen Roller und erkundeten die Insel. Das Fahren war durch die vielen steilen Straßen nicht immer ganz leicht und wir waren froh, dass wir mittlerweile ein bisschen Übung hatten.
Wir erreichten die kleine Südspitze von Koh Tao, parkten unseren Roller und mussten 100 Baht (etwa 3 Euro) pro Person zahlen, um zum John Suwan Viewpoint zu gelangen. Im Preis inbegriffen waren eine kleine Flasche Wasser für jeden, Zutritt zu mehreren Stränden und zu besagten Aussichtspunkt. Zusätzlich konnten wir ein Kajak ausborgen, ohne extra zu zahlen. Das nutzten wir natürlich sofort und paddelten ein wenig an den kleinen Buchten entlang. Die kleinen Lagunen zu unserer Rechten und Linken leuchteten in einen tiefen Türkis. Vor uns lag ein kleiner von Palmen bewachsener Bergkamm, der die Strände voneinander trennte. Auch hier hatten wir, wahrscheinlich Dank des anstrengenden Anstieges, das herrliche Panorama ganz für uns alleine.
Als uns dann die Arme langsam schwer wurden (hat nicht so lange gedauert, da wir ja immer noch Muskelkater hatten), beschlossen wir den kleinen Berg zu erklimmen, um einen Blick auf die Umgebung zu haben. Nach einigem Klettern erreichten wir dann den sogenannten John Suwan Felsen, von dem aus wir einen traumhaften Blick hatten. Die kleinen Buchten zu unserer Rechten und Linken leuchteten in einen tiefen Türkis. Vor uns lag ein kleiner von Palmen bewachsener Bergkamm, der die Lagunen voneinander trennte. Auch hier hatten wir, wahrscheinlich Dank des anstrengenden Anstieges, das herrliche Panorama ganz für uns alleine.
Auch wenn die Sonne sich nur ab und zu durch die dichten dicken Wolken traute, war es ein wunderschöner Moment, in dem wir uns mal wieder in die Augen schauten und wussten „wir machen alles richtig“.
Wir haben unsere Sachen gepackt und noch einmal die Unterkunft gewechselt. Und weil wir uns an den Muskelkater gewöhnt haben, natürlich auch wieder zu Fuß.
Die wenigen Tage, auf der kleinen paradiesischen Insel Koh Tao sind damit schon fast wieder vorbei, denn morgen nehmen wir eine Fähre zu unserem letzten Ziel in Thailand, Koh Phangan.
An diesem Punkt denken wir zurück. Nicht nur an die letzten anderthalb Monate in Thailand und was wir in dieser „kurzen“ Zeit schon alles erleben konnten, wir denken noch viel weiter zurück.
Vor genau einem Jahr verließen wir, nach einem traumhaft schönen Monat, Griechenland und erkundeten Albanien. Damals liebäugelten wir schon mit einer Reise nach Asien und nun, ein Jahr später, sind wir hier. Hier in unserem neuen Abenteuer - „Tuckerbus goes to Asia“.
Was mit der einfachen Idee „wir könnten doch gemeinsam Reisen“ begann, wurde zu einem Plan und letztendlich zu einem Abenteuer, welches unser gesamtes Leben verändert hat.
Durch unsere Reisen, durch die vielen Erlebnisse, das gegenseitige Kennenlernen, die Erfahrungen und Orte, die wir gesehen und besucht haben, sind wir zu anderen Menschen geworden. Prioritäten und viele Sichtweisen haben sich stark geändert. Wir wissen, dass die Entscheidung, erst im Bus und jetzt aus dem Rucksack zu leben, uns einen ganz neuen Weg eröffnet hat, der uns noch für den Rest unseres Lebens begleiten wird. Es ist ein ziemlich beeindruckender Gedanke, dass eine kleine Idee, eine Sehnsucht, ein Traum, all das bewirkt hat.
Liebe Grüße von eurem Team Tuckerbus
Tani und Sarah
Epilog:
„Ich habe lange darüber nachgedacht und endlich weiß ich es, wenn ich ein Fisch wäre, dann wäre ich sicherlich der Fachspezi-Fisch. Vielleicht ja sogar ein Pornogra-Fisch“, meinte Tani grinsend, während er selbstgefällig an seinem eiskalten Shake nippt.
Sarah kommt langsam näher, schnuppert kurz an Tani und meint dann lächelnd: „Ich denke, du wärst eher ein Muf-Fisch.“
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Lonelyroadlover (Samstag, 22 Februar 2020 00:37)
Leute, Tani vor dem Ventilator. Ich habe so gelacht!! ��� Ihr habt so viele tolle Dinge gesehen und ihr latscht genauso irre Strecken wie ich immer. � Muskelkater oberdeluxe. Es ist so schön, euren Abenteuern zu folgen und zu sehen, dass nicht nur für mich meine damalige Langzeitreise das Leben und Empfinden für immer verändert hat. Auf das Leben! �
LG
Sarah