Die heiße Sonne Thailands scheint uns gnadenlos ins Gesicht, während wir auf dem Dach unseres Hotels am Pool, mit Blick auf den Kaiserpalast, zu entspannen versuchen. Tani setzt sein eiskaltes Bier an die Lippen, Sarah lässt sich von einer nett lächelnden Thailänderin von oben bis unten durchkneten, dabei trinkt sie einen Mai-Tai-Cocktail aus frisch gepresster Ananas, während uns eine stilvolle Live-Kapelle den nächsten Song widmet: "One night in Bangkok". Wir lehnen uns zurück und versuchen uns in die Zeit vor sieben Monaten zurück zu versetzen.
"Damals" als unser Björni unsere Europareise nach einem Jahr "on the Road" mit einem lauten Knall ein abruptes und unerwartetes Ende bereitet hatte.
Die Gefühle, die in uns hochkochten, können wir heute noch genau nachfühlen. Die Sorge um unseren treuen Bus, die Trauer darüber, dass unsere Reise vorbei ist und die riesige Freude all unsere Freunde und die Familien wiederzusehen. Es war eine sehr aufregende erste Zeit, in der es uns nicht immer ganz leicht fiel, am Morgen nach dem Kaffee nicht in den Bus steigen zu können und loszufahren. Der Rhythmus, den wir Tag für Tag gelebt haben, musste wieder komplett umgestellt werden.
Wir kamen vorerst bei Tani´s Eltern unter. Dort waren wir fasziniert von futuristischen Erfindungen der modernen Neuzeit, wie einem Wasserkocher, W-LAN, Trinkwasser aus der Leitung und genossen den Luxus eines festen Klo's und einer heißen Dusche, wann immer wir wollten... WANN IMMER WIR WOLLTEN. Sarah konnte endlich wieder Stunden unter der Brause verbringen und Tani eine Ewigkeit auf dem Fäkalthron sitzen, während er Online- Sudoku auf dem Handy spielte. Es waren dekadente Zeiten für uns.
Dank unseres lieben Freundes, nennen wir ihn hier einfach Daniel Düsentrieb, hat unser Bus überlebt und fährt wieder. Zwar gibt es noch vieles Zutun, bevor wir mit ihm wieder eine größere Tour starten können, doch wir konnten kurz bevor wir am 1. Juni wieder arbeiten gehen mussten, unsere sieben Sachen packen und mit unserem Björni auf den Wagenplatz in Dresden ziehen.
Es war ein riesen Erlebnis für uns, die 6 monatige Arbeitszeit, die wir bis zur nächsten Reise veranschlagt hatten, in dieser wundervollen Gemeinschaft zu leben. Eine kleine Gruppe von Menschen, die in meist selbst ausgebauten Bauwägen, LKW's, Anhängern und, wie in unserem Fall, Campern zusammen leben. Auf diesem Platz genossen wir ein einfaches und minimalistisches Leben, welches uns sehr gefiel. Man konnte sich immer auf die Anderen verlassen, saß abends am Feuer zusammen oder feierte ganze Wagenplatzfeste.
Nachdem wir wieder in unseren alten Jobs angekommen waren, kam sehr schnell das alltägliche Leben zurück. Wir merkten, dass wir uns noch einmal ganz anders organisieren mussten, um im Dreischichtsystem zu arbeiten, während wir zusammen auf 5m² zusammenlebten. Wenn Tani z.B. erschöpft vom Spätdienst im Krankenhaus zurück kam, schlief Sarah, die Frühdienst hatte, meist schon. Das hieß, dass er sich draußen eine Beschäftigung suchen musste, um sie nicht zu wecken, während sie ihre Sachen für den nächsten Morgen schon am Abend zurechtgelegt hatte, um ihn am Morgen nicht wach zu machen. (Na... seht ihr noch durch?)
In unserem zeitweise sehr anstrengenden und stressigen Berufen im Krankenhaus dachten wir oft zurück an das bisher größte Abenteuer unseres Lebens. An die Orte, die wir gesehen haben, an viele kleine Momente, die ganz plötzlich in uns hochkamen. Das gab uns oft Kraft und Ruhe. Doch wir merkten recht schnell, dass die innere Gelassen- und Ausgeglichenheit immer mehr abnahmen. Wir arbeiteten und arbeiteten, nahmen jeden Extradienst, den wir bekommen konnten, um in gerade mal einem halben Jahr genügend Geld für die nächste Reise zu verdienen.
Ähnlich wie schon vor unserer ersten Tour begann unsere Planung mit langen Gesprächen, meist beim frühstücken. Wo wollen wir hin? Wie wollen wir Reisen? Was müssen wir alles im Vorfeld bedenken und organisieren?
Als wir uns dann auf unser nächstes Reiseziel Asien festgelegt hatten, war es ein ziemlich verrückter Moment für uns beide die Flugtickets zu buchen. Ab diesem Moment wurde aus der Idee, "wir machen nochmal los", ein fester Plan an dem wir arbeiten konnten. Wir genossen es gemeinsam an unserem Vorhaben zu feilen. Dabei machte sich wieder einmal bemerkbar, was für ein eingespieltes und gut funktionierendes Team wir sind. Aufgaben wurden verteilt, To-Do Listen abgearbeitet und langsam, ganz langsam nahm ein grobes Planungsgerüst Gestalt an.
Vor allem für Tani war es schön das neue Equipment zu bestellen und unsere Technik aufzustocken, während Sarah sich freute neue Klamotten shoppen zu gehen.
Die Zeit verging wie im Flug und schon war November. Wir hatten beide unseren letzten Arbeitstag und zogen vom Wagenplatz zurück zu Tani´s Eltern. Dort wollten wir die verbleibende Zeit und das vorhandene Internet nutzen, um unseren Vorbereitungen und Recherchen bis zum 28.12.2019 den letzten Schliff zu geben.
Zur Vorbereitung schauten wir uns viele Dokumentationen und Reiseberichte an, lasen die Blogs anderer Weltenbummler und lernten mehr und mehr über eine fremde Kultur. Die Aufregung hielt sich aber verrückter Weise bis zum Schluss in Grenzen.
Wenn wir die Zeit vergleichen, mit der, bevor wir mit Björni los sind, waren wir damals extrem aufgeregt und "hibbelig". Wird alles gut gehen? Was ist, wenn etwas Unerwartetes passiert? Ist das Reisen überhaupt etwas für uns? Was ist, wenn Sarah´s Pupse auf 5m² Raum einfach zu streng riechen? Was ist, wenn die Scheiben Tani´s Geschnarche nicht aushalten?
Im Vergleich dazu haben wir mit Blick auf Asien eine ziemliche Ruhe in uns. Natürlich ist es, da wir nur mit Rucksäcken und nicht mit dem Van unterwegs sind, ein ganz anderer Reisestil, doch wir freuen uns riesig auf diese Erfahrung. Diesmal gibt es keine feste Tour oder Route. Ausschließlich für die ersten 5 Tage in Bangkok haben wir uns ein Hotel gebucht und der Rest wird sich ergeben. Ob wir dann in den Süden fahren, um erst einmal am Strand zu entspannen, zu schnorcheln und die Inseln Thailands zu erkunden oder ob es uns doch vorher in den Norden zieht, zu den Tempeln und den Dschungeln, das wird sich alles zeigen. Auch wie es nach Thailand weitergehen soll und selbst wie lange wir nun insgesamt unterwegs sind, können wir noch nicht sagen. Für uns hat es einen ganz besonderen Reiz, das alles noch nicht zu wissen. Alle Wege sind uns offen, es liegt uns frei, zu gehen wohin wir auch wollen. Wir lassen uns einfach treiben, im Gewusel Südostasiens.
"Falls wir als Nächstes nach Malaysia wollen, müssen wir sehr mit den Nachbarn aufpassen, die hassen nämlich laute Musik..." meinte Tani mit einem schiefen Grinsen.
"Wieso denn das?" wollte Sarah wissen und hatte schon ein ungutes Gefühl.
"Na die kommen dann rüber und schreien, mach MA LEIS JA..."
Stille... dann nur ein lautes "Klatsch", als Sarah sich die flache Hand an die Stirn schlägt.
Als dann am 28.12. der Tag unserer Abreise gekommen war, kam auch die Aufregung. Vor allem das Packen unserer Rucksäcke war besonders spannend. Bekommen wir alles unter und wie schwer werden die Rucksäcke sein? Wird man Sarah hinter ihrem Backpack noch sehen und kann sie mit ihm laufen oder kippt sie direkt um?
Die Abschiede von unseren Familien und all unseren Freunden fühlten sich diesmal anders an. Richtig beschreiben können wir es nicht. Es fiel uns schwer, da wir all unsere Lieben wieder für eine lange Zeit nicht sehen werden und dennoch wussten wir, dass der Kontakt dank der weltweiten Internetabdeckung bestehen bleiben wird. Es fühlte sich so unwirklich an, dass wir alle Menschen, die so ein fester Bestandteil unserer Lebens sind, jetzt wieder für so eine lange Zeit verlassen werden, da wir auf einem anderen Kontinent sind... auf einem anderen Kontinent, wie verrückt ist das denn bitte?!
Tani´s Bruder fuhr uns nach Prag zum Flughafen und dann ging es los. Wir bestiegen unseren ersten Flieger nach Kiev, um dann einen weiteren nach Bangkok zu nehmen. Da wir am Morgen unserer Abreise früh aufgestanden waren und im Flugzeug nicht wirklich schlafen konnten, waren wir fast 25 Stunden auf den Beinen (bzw. saßen wir auf unseren 4 Buchstaben). Eine sehr anstrengende Anreise für uns.
Ganz besonders für Tani, der Dank seiner Höhen- und Flugangst mal wieder die Arschbacken zusammenkneifen musste... den Muskelkater davon hat er noch bis heute. Zwar hat sich seine Panik soweit herunter reguliert, dass er nur noch beim Start und beim Landen Probleme hat, doch in dieser Zeit atmet er schnell wie ein Ritalin süchtiger Pavian mit Verstopfung. (Durchaus eine schwer vorstellbare Metapher, doch wenn ihr Tani mal in einem Flieger erlebt, versteht ihr das Sinnbild.)
Aber nach allen Strapazen und Anstrengungen des letzten halben Jahres, nach einer langen, kräftezehrenden Anreise und Muskelkater im Hintern sind wir endlich in Asien angekommen.
Wie wir es von schon vielen Gehört haben, ein absoluter Kulturschock! Es ist laut, es sind Massen an Menschen unterwegs, stellenweise riecht es sehr streng, die Luft ist so dick, dass man kaum atmen kann und doch können wir uns gerade keinen Ort vorstellen, an dem wir lieber wären.
Wir haben Sommer pur bei 33-35°C, sind fasziniert von der exotischen Kultur, die aus jeder Gasse dieser Riesenmetropole dringt und haben schon das Nachtleben der berühmten Khao San Road erlebt, auf der unser Hotel steht. Diese Straße ist unter Backpackern ein sehr beliebter Startpunkt und wir genießen es mit hunderten Gleichgesinnten durch die Straßen zu flanieren und zwischen frittierten Spinnen und Skorpionen oder gegrillten Krokodilen am Spieß zu entscheiden.
Endlich ist es soweit, endlich wieder Reisen. Endlich wieder unterwegs sein und endlich wieder Zeit für uns haben, von der wir im letzten halben Jahr eher weniger hatten.
Wir sind angekommen. Angekommen in Asien, hier und jetzt. So richtig. Mittendrin. Wahnsinn!
Asien, wir sind da, wir sind bereit und wir sind gespannt was du uns alles erzählst, zeigst und lehrst.
Liebe Grüße aus dem Sommer und einen guten Rutsch ins neue Jahr euch allen,
euer Team Tuckerbus, Tani und Sarah...
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Gabi & Klaus (Montag, 30 Dezember 2019 18:03)
Endlich ist es soweit, wir dürfen wieder teilhaben an all Eu'ren Ausflügen in eine ganz andere Kultur, Fauna und Flora. Wir freuen uns die Abenteuer, die ihr erleben werdet, in Schrift und Bild miterleben zu dürfen.
Dazu drücken wir Euch ganz fest die Daumen und sind in Gedanken bei Euch.
Sarah (Dienstag, 31 Dezember 2019 00:34)
Huhu! Ich wusste gar nicht, dass Tanja auch Flugangst hat... � Dann willkommen im Club. Ich kriege jedes msl auf dem Weg in die USA wieder die Vollkrise. Aber wer reisen will, muss leiden. Voll schön, dass ihr wieder unterwegs seid. Ich bin schon sooo gespannt. Ihr macht das richtig. �
Haut rein!
Sarah
Anja G. (Donnerstag, 02 Januar 2020)
Es ist klasse, euren Blog zu lesen, ich werde regelmäßig dabei sein und denke oft an Euch. Ich wünsche Euch ganz viele tolle Erlebnisse und Erfahrungen. Euren ersten Eindruck von Bangkok kann ich noch gut nachempfinden. Lebt und genießt !!!
Ab 11.1. bin ich in der Nähe, leider nur 3 Wochen (Sri Lanka)
Alles Liebe !