Auf zu neuen Ufern, unser Leben im Linksverkehr ist vorbei...

Nach einer für uns luxeriösen Überfahrt von Dublin nach Liverpool, mit heißer Dusche in unserer Kabine und zwei Mahlzeiten britischer Art, kamen wir am späten Nachmittag in England an. Wir wollten gleich am nächsten Tag nach Wales fahren. Vorbereitet vom Internet erwarteten wir großartige Landschaften und konnten es kaum erwarten. 

Außerdem wollten wir uns mit einem anderen T4-Traveller-Paar treffen. Wir hatten uns eher zufällig in Irland  "kennengelernt". Eher zufällig bedeutet, dass wir zwei Wochen zuvor noch einmal quer durch Irland zurück fuhren, um eine Therme zu besuchen, sonst hätte sich unser Weg nie gekreuzt. Bei nassem Wetter und Nebel standen wir mit unserem Björn auf einem Berg in der Nähe von Tralee. Dort wollten wir übernachten, um dann zügig zurück in Richtung Dublin zu fahren. An diesem Abend hielt noch ein weiterer VW-Camper. Tani griff sich sofort seine Brille und lunste durch einen Spalt zwischen den Vorhängen hindurch..."Es ist auch ein T4!" sagte er aufgeregt. "Auch Deutsche... die haben eine große Dachbox... die sind bestimmt auch länger unterwegs... aber ich kann niemanden sehen..." Sarah, die dieses neugierige Verhalten schon zu gut kannte, rollte mit den Augen und seufzte. 

Schon bevor unsere Tour in Dresden startete, hatten wir Lust während der Reise mal auf ein anderes Camper-Pärchen zu treffen, mit denen man sich austauschen kann. Doch möchte man anderen Reisenden ja nicht auf die Nerven gehen. Vielleicht sind es Urlauber, die nur Ruhe und Entspannung suchen. Außerdem könnte es doch verstören, wenn man an einem nassen, nebligen Abend an einem fremden Auto klopft mit den Worten "... na.... auch hier?".

 

Am nächsten Morgen als wir gerade starteten, stieg ein junger Mann aus dem anderen Auto und schaute uns hinterher. Hatte er vielleicht unsere Aufkleber hinten am Auto gesehen? Tani schrieb über unsere Stellplatz-App eine Bewertung des Übernachtungsplatzes und hinterließ einen Kommentar, der unter unserem Profilnamen "Tuckerbus" gepostet wurde. Ein paar Stunden später wurde unser Instagramprofil von einem Friedolin_on_Tour abonniert und Tani erkannte den silberfarbenen T4 sofort wieder. Louis und Eileen, die Bewohner des Busses, hatten tatsächlich die Aufkleber unserer Internetseiten erkannt. Zusammen mit dem Kommentar in der App, fanden sie unser Profil und so wurden die ersten Nachrichten ausgetauscht. Es stellte sich heraus, dass wir zu ähnlichen Zeiten in Wales ankommen würden und kurzerhand verabredeten wir uns für ein Treffen dort. 

 

Nachdem wir unsere erste Stelle in Wales gefunden hatten, schrieben wir den beiden, der Standort wurde ausgetauscht und wenig später wollten sie da sein. Das Ganze war wirklich aufregend, denn wir verabredeten uns mit Menschen, die wir, abgesehen von einigen Bildern, nicht kannten. Bei jedem vorbeifahrenden Auto stand Tani auf und schaute, ob es die beiden sind. Er kam jedes Mal enttäuscht zurück, wenn es ein "einfaches" vorbeifahrendes Auto war. :p Und dann endlich...der silberne Camper kam angebraust und wir standen den beiden das erste Mal persönlich gegenüber. Louis und Eileen sind zwei Studenten in unserem Alter (naja... Tani ist ein bisschen älter... ;) ), die sich ein halbes Jahr Zeit genommen haben, um mit ihrem Bus namens Friedolin, Spanien, Großbritannien und Irland zu bereisen.

Von Anfang an merkten wir, dass wir mit den beiden auf einer Wellenlänge sind. Die Bedenken, es könnte anfangs ein etwas peinliches, von Smalltalk geprägtes 'Hallo' werden, bestätigte sich nicht, im Gegenteil, wir verstanden uns alle auf Anhieb. Die nächsten Tage verbrachten wir gemeinsam, ohne wirklich abzusprechen, wie lange wir denn zusammen durch das Land fahren wollten. Gemeinsam gingen wir wandern, genossen die Natur und vor allem verbrachten wir unsere Zeit mit quatschen, quatschen, quatschen ... na ja und Bier trinken. :p

 Einmal fuhren wir in eine Art Therme und genossen die Abwechslung zwischen Sauna, Dampfbad und einem heißen Whirlpool. Abends saßen wir bis tief in die Nacht, spielten Brettspiele und redeten stundenlang, bis wir auf einmal bemerkten, dass es schon 4 Uhr nachts war. Das Wetter war eher bescheiden und so verliesen wir Wales nach zwei Tagen und fuhren weiter in Richtung Südengland.  Das Wetter besserte sich und wir erlebten das erste Mal seit Langem heiße und vor allem sonnige Tage. Wir nutzten die Wärme und fuhren nach Durdle Door, einer natürlichen Felsbrücke aus Kalkstein. Das Ambiente wirkte in diesem Moment eher so, als wären wir in Portugal und nicht in England. Bei weißem Sandstrand, azurblauem Wasser, Sonne und Hitze denkt man nun mal nicht als Erstes an Britannien. :p

Es war super interessant unsere Busse zu vergleichen, denn Friedolin war nach einem völlig anderem Raumkonzept ausgebaut als unser Björni. Es war schön die Vor- und Nachteile beider Varianten miteinander zu vergleichen, wir tauschten viele Tipps und Tricks über das Reiseleben aus. 

Schon nach kurzer Zeit agierten wir vier als ein super Team. Früh wurde lange und ausgiebig gefrühstückt und abends gemeinsam gekocht. Die Gesprächsthemen gingen uns nie aus und wir lernten uns gegenseitig immer besser kennen. Wir trennten uns nur einmal für ein paar Stunden, da wir uns Stonehenge ansehen und Louis und Eileen schon zu unserer Nachtstelle vorausfahren wollten. 

Der Eintritt für den Steinkreis beträgt eigentlich über 20 Pfund pro Person, doch wir laßen im Internet nach, dass es einen kostenfreien Weg gibt und man nur 5 Meter weiter entfernt von der Sehenswürdigkeit stehen würde, als zahlende Gäste. Das wollten wir versuchen. Und so liefen wir durch das Besucherzentrum hindurch und entlang auf einem schmalen Weg. Dieser führte uns etwa zwei Kilometer über Feld und Stein bis zu dem umzäunten Gelände von Stonehenge. Dort angekommen zeigte uns eine freundliche Mitarbeiterin den kostenfreien Weg und am Ende standen wir vor dem Steinkreis und konnten wunderschöne Bilder machen und dieses faszinierende Gebilde betrachten. Viele Touristen, die wirklich nur wenige Meter näher standen als wir, starrten uns empört an, als würden sie nun bereuen so viel Eintritt gezahlt zu haben. Stonehenge war für uns ein wunderschönes Erlebnis und voller Euphorie fuhren wir zu dem Nachtplatz, an dem unsere Freunde schon auf uns warteten.

Die Tage vergingen rasend schnell und der Termin unserer Fährfahrt zurück nach Frankreich rückte immer näher. Louis und Eileen hatten eine Überfahrt einen Tag eher gebucht. Unsere gemeinsame Zeit näherte sich langsam dem Ende und vor allem für die Beiden war es schwer, da es das Ende ihrer Reise bedeutete. Das halbe Jahr, dass sie veranschlagt hatten war vorbei und es ging für sie wieder nach Hause. Wir fuhren zu unserem letzten gemeinsamen Nachtplatz , von dort fuhren wir in die Stadt Canterbury. Dort wollten wir unseren Abschied mit einer Kneipentour durch die ansässigen Pubs feiern. Es war ein wunderschöner Abend mit ganz viel Lachen, Quatschen  und ... naja... trinken :p.

Danke Louis für das schöne Foto
Danke Louis für das schöne Foto

Oftmals bekrümelten wir uns minutenlang über unsere Witze und hatten uns in den acht Tagen so gut kennengelernt, dass wir sehr ausgelassen miteinander umgehen konnten. Es fühlte sich nicht so an, als wenn wir uns ein paar Tage zuvor das erste Mal getroffen hätten, sondern so als wäre man schon ewig befreundet. Wir verbrachten einen letzten schönen Tag und am Abend hieß es dann: Abschied nehmen. Diesen hielten wir recht kurz, aber sehr herzlich, bevor es noch zu emotional wird. :p Als wir losfuhren hatten wir ein sehr seltsames Gefühl, denn wir konnten uns sehr gut in die Beiden hinein versetzen, da deren Reise nun zu Ende war. Es war seltsam diese Menschen, die man erst so kurz kannte, schon wieder zu verlassen und weiter zu ziehen. Die gemeinsame Zeit, war eine der schönsten auf unserer bisherigen Reise und es war für uns ein großartiges Erlebnis, so zufällig und unerwartet Freunde zu finden. Wir hoffen sehr, dass es klappt und sie uns während unserer Reise besuchen kommen können. Danke für diesen tollen Tage!

Das letzte Ziel auf unserer Großbritanien-Reise war London. Wir fanden einen guten Stellplatz, dieser lag außerhalb der Stadt, in Windsor. Von dort konnten wir mit dem Zug in die Hauptstadt fahren. Der Linksverkehr wäre zwar kein Problem gewesen, aber da man sich für das Befahren der "Low Emission Zone" anmelden und ansonsten hohe Strafen zahlen muss, entschieden wir uns lieber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Weltmetropole zu fahren. Danke an Eileen und Louis für das Austesten der Umweltzone. :D Nachdem wir das erste Hindernis bezwungen hatten, die richtige Verbindung und dazu passende, sehr teure, Tickets zu besorgen, erreichten wir unser erstes Ziel, Kings Cross. Für Tani, der die Harry Potter Bücher in- und auswendig kennt, war dieser Schauplatz der Geschichte ein Muss. Ein halb in die Wand eingelassener Rollwagen mit dem Schild 9 3/4 erinnert ganz subtil an die Verbindung zum Buch. Das davor aufgestellte Personenleitsystem mit 338 Touristen, die laut quasselnd den restlichen Lärm des Bahnhofs übertönten war eher weniger subtil. Man zahlt dafür, sich eine halbe Stunde anzustellen, die Griffe des Wagens in die Hand zu nehmen, während eine reizende junge Dame einem einen Hogwarts-Schal um den Hals bindet und an dessen Enden wedelt, damit es auf einem Foto so aussieht, als würde man rennen. Das war uns ein bisschen zu blöd, doch wir nutzten einen Moment an dem der Wagen frei war, um wenigstens ein Foto zu schießen.

Wir hatten uns recht viel von London versprochen, es ist schließlich der Sitz des Zaubereiministeriums. :p Doch irgendwie schaffte es die riesen Stadt nicht, uns mit seinem Charme zu überzeugen. Die erste Enttäuschung erlebten wir, als wir vor dem heiß ersehnten Big Ben standen... Er wird gerade restauriert und somit ist außer ein Gerüst nicht viel zu sehen gewesen. Wir konnten leider keinen schönen Blick auf dieses Gebäude werfen und Erinnerungsfotos vom Parlament und Glockenturm waren zwecklos. Nachdem wir überlegt hatten, mit dem berühmten Riesenrad "London Eye" zu fahren und wir sahen, dass der Ticket preis ab 40 Euro pro Person (aufwärts) lag, verging uns dann doch jegliche Lust. Letztendlich schlenderten wir stundenlang an der Themse entlang, betrachteten das wilde und teils chaotische Treiben dieser Stadt und erreichten die Tower Bridge.

 Es war schön die ganzen alten und für London typischen Gebäude und Bauwerke zu sehen, doch natürlich besiedelten tausende von Touristen die Straßen. Im Allgemeinen waren wir enttäuscht von der Stadt, von der wir so viel erwartet hatten. Wir nutzten ein gemütliches Restaurante um ein letztes Mal Fish & Chips zu essen, die hervorragend geschmeckt haben und fuhren zurück zu unserem Björni. 

Einem Tipp von Eileen folgend, fuhren wir noch zu dem Haus, dass als Drehort für den "Ligusterweg Nummer 4"  , Harry Potters Wohnort bei den Dursleys, diente. Dann ging es zurück in die Nähe von Dover, wo wir unsere letzte Nacht verbringen wollten bevor und früh am Morgen die Fähre zurück nach Calais bringen sollte. Wir hatten eine Horrornacht. Unser Stellplatz lag oberhalb der Hafenstadt auf einer Klippe. Nachts fuhr ein Orkan hoch und rüttelte unseren Björni mit über 50 km/h ganz schön durch. Nach mehrmaligem Umparken, das leider nichts bewirkte, beschlossen wir, aus Angst es könnte unseren Dachboden wegfegen, nachts um 2 Uhr doch schon nach Dover zu fahren, um wenigstens noch etwas Schlaf ab zubekommen. Nach zwei Stunden Dämmern statt Schlafen standen wir um 4 Uhr wieder auf, um eine Stunde später unsere Fähre zu bekommen. Wir waren fix und fertig von den Strapazen der Nacht und wollten die Zeit der Überfahrt nutzen, um uns noch ein wenig auszuruhen. Am Hafen angekommen sagte uns ein Mitarbeiter, dass sich die Fährfahrt leider nach hinten verzögern würde, da das Schiff wetter bedingt nicht anlegen könnte. Mit einer Stunde Verspätung legte letztendlich nicht nur unsere Fähre an, sondern noch drei andere und wir witzelten noch darüber wie lustig es wäre, wenn wir auf eine falsche Fähre geführt werden würden. Tjaaa... genau das passierte. 

 

Anstatt in Calais anzulegen, fuhren wir nach Dünkirchen. Die beiden Häfen sind nur durch eine Autofahrt von etwa 30 Minuten voneinander entfernt, doch wenn man völlig übermüdet ist, macht das schon einen großen Unterschied, ob man seine Stelle zum Ausschlafen in 15 oder erst in 45 Minuten erreicht. 

Angekommen in Frankreich bemerkten wir, dass es uns nach 7 Wochen im Linksverkehr anfangs sehr schwer viel, sich wieder auf Rechtsverkehr einzustellen. Die Spiegel umstellen, Schulterblick zur anderen Seite, Kreisverkehre rechts rum befahren und selbst das Einschätzen der Autobreite war anders als die letzten Wochen. 

 

Die nächsten Tage fuhren wir viele Kilometer, da wir uns mit Tani´s Eltern in Luxemburg treffen wollten. Treffpunkt war ein Campingplatz, an dem die Beiden schon mit ihrem Wohnmobil warteten und uns sehr herzlich empfingen. Es war ein relativ spontanes Treffen und umso mehr freuten wir uns, da wir sie sonst erst nach unserer Reise wiedergesehen hätten. Zwei unglaublich schöne Tage vergingen viel zu schnell. Wir erzählten viel von unseren bisherigen Erlebnissen und sie berichteten uns von der Heimat, von Freunden und Familie. Von vorn bis hinten wurden wir mit gutem Essen und Getränken (Tani freute sich nach langer Zeit mal wieder deutsches Bier zu trinken) verwöhnt und außerdem brachten sie uns einige Sachen mit die wir benötigten, wie z.B. eine neue Gasflasche. Außerdem hatten sie für uns so viel eingekauft, dass unsere Vorrats-box danach wieder zum Bersten voll war. Es war eine schöne Zeit und wir genossen es sehr. Der Abschied war wieder herzlich und Tani´s Mama wünschte uns noch eine gute Überwinterung. Es war für ihn, wie schon bei unserer Abfahrt in Dresden, ein komisches Gefühl sich von seinen Eltern für einen so langen Zeitraum zu verabschieden. Und dennoch starteten wir an diesem Tag, bei allerbestem Wetter, mit einem Bus voller Essen und viel Kraft, durch das Treffen mit den Beiden, in unser neues Abenteuer: Frankreich. 

Danke Louis für das schöne Foto... ... .. nochmals...
Danke Louis für das schöne Foto... ... .. nochmals...

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Kommentare: 2
  • #1

    Matthias (Dienstag, 02 Oktober 2018 17:00)

    Liebe Sarah,
    eure Reiseberichte sind großartig.
    Informativ, spannend, witzig und stilvoll.
    Genau wie die Video´s. Respekt!
    Ich warte schon gespannt auf die Fortsetzung.
    Liebe Grüße von der Uro

  • #2

    Tante Elfriede aus Moritzburg (Freitag, 19 Oktober 2018 18:03)

    Hallo, Ihr beiden Lieben,
    habe eben mit großem Vergnügen Euren letzten BLOCK von Ende September gelesen, Euch bewundert über Euren großen Mut in der für Euch bisher so fremden Gegend, mit so netten Menschen unterwegs, mit den Eltern in Luxemburg und den so interessanten Erlebnissen. Weite so und liebe Grüße, Eure T.Elfriede.